Los geht’s … !

Offizielles Felskletter Team des Deutschen Alpenvereins (DAV)

Los geht’s … !

Mitte April 2011 war es soweit und es ging endlich auch für mich mal los auf Reisen… Nachdem ich zumindest die Flüge und die ersten drei Nächte in Sydney geplant und gebucht hatte, konnte ja schon fast nichts mehr schief gehen… denkt man…

Losgegangen ist es dann allerdings schon am Münchner Flughafen, wo ein freundlicher Herr am Check-In meinte, das „Ding“ wär viel zu groß und außerdem wäre sowieso nur ein Gepäckstück pro Person erlaubt , ich könnte es also höchsten mit enormem Aufpreis als Sportgepäck aufgeben. Das war mir dann allerdings doch zu teuer und so musste ich mich, noch bevor es richtig los ging, schweren Herzens von meinem Crashpad trennen.
Als Reisender erkennt man aber bald, dass sich irgendwie schon immer eine perfekte Lösung ergibt, wie dann auch glücklicherweise bei mir. So fand ich sowohl in Australien als auch in Südafrika Freunde die mir jeweils ein Pad für meine Zeit dort geliehen haben.

  
The Nevin Rule – V7 (fb 7B)

Nach den ersten paar Tagen in Sydney gings natürlich so schnell wie möglich und auf direktestem Weg in die Grampians. Dort angekommen, wurden die ersten Tage gleich mal· die Bouldergebiete getestet und sich mit dem Style vertraut gemacht. Die Boulderei dort war der Hammer und so konnte ich auch ziemlich zügig die Boulder `Spanking the Monkey Bars`, 7b+ und `The Nevin Rule`, 7a+ punkten.` The Nevin Rule` ist sicher eine der besten Linien, die ich je gesehen hab. Ich stand davor und konnte nicht anders als die Züge zu probieren,· aneinander zu hängen und den Boulder zu klettern.

Als nach den ersten 10 Tagen die deutschen Freunde, die mich von Canberra aus mitgenommen hatten, wieder dorthin zurück zur Arbeit mussten, hatte ich zum Glück schon genügend nette Leute aus aller Welt kennen gelernt, mit denen ich dann die nächsten vier bis fünf Wochen in den Grampians und teilweise auch in Arapiles verbrachte. Jetzt wurde auch endlich das Seil ausgepackt und tagelang die Taipan Wall belagert. Abends gabs immer eine gemütliche Runde ums Lagerfeuer, bei der zusammen gekocht und stundenlang gequatscht und gefeiert wurde. Die Taipan Wall hatte uns aber fest im Griff, und so ging es, ganz egal wie weit der vorherige Abend in die Morgenstunden reichte, fast jeden Tag dort hinauf.


Taipan Wall im Abendlicht

ein Teil der `Grampians- Crew´ beim Warm up am nächsten Morgen…

Recht bald konnte ich dann `Mr Joshua`, 7a+ und `Venom`, 7c+ klettern. Das Schwere dabei war eigentlich nicht der Grad, sondern der Umgang mit der ganz anderen, beängstigenden, sloopigen und ausdauernden Kletterei, mit der man sich auch erst mal anfreunden musste.` Invisible Fist`, 7b hat mir dann aber auch tatsächlich erst mal die Faust für den Urlaub verpasst, da ich mir am vorletzten Zug nach gefühlten 150 und gekletterten 27 Metern, bei einem komischen, weiten Seituntergriffzug , mein wohl vorher schon angebrochenes Handgelenk, mit einem ordentlichen Krachen völlig demoliert hab… Anfangs konnte ich meine Lage allerdings nicht ganz einschätzen und dachte mir, immer noch hochmotiviert, dass nach ein paar Ruhetagen wohl alles wieder bestens sein würde… Nach eineinhalb Wochen waren die alltäglichen Herausforderungen wieder relativ gut zu machen, auf baldiges Klettern gab es aber immer noch keine Hoffnung und dazu wurde das Wetter noch schlechter. Also nutzte ich die Gelegenheit und fuhr mit einer Freundin zu deren Eltern nach Melbourne. Der eigentliche Plan war, von dort aus nochmals mit Freunden nach Nowra, ein anderes Klettergebiet bei Canberra zu fahren. Als dann jedoch nach dem ersten Arztbesuch die Diagnose „fracture scarphoide“ (gebrochenes Kahnbein im Handgelenk) auf dem Tisch war, gings leider nicht nach Nowra sondern erst mal  vom Arzt, zum Röntgen, zurück zum Arzt, zum Oberarzt und irgendwann dann in den OP, wo sie mir den Bruch mit einer Schraube geflickt haben. An Klettern war also so schnell leider nicht wieder zu denken. Aus den geplanten drei Tagen, wurden drei Wochen in Melbourne, während denen ich zum Glück bei eben dieser Freundin wohnen konnte und kurz Trips zur Great Ocean Road und anderen Sehenswürdigkeiten unternahm.


Schlechtes Wetter und daher keine Menschenseele auf der Great Ocean Road

Auch wenn ein Krankenhausaufenthalt im Urlaub absolut blöd ist, hab ich doch in den drei Wochen in Melbourne eine schöne Zeit, mit herzlicher Gastfreundschaft und Unterstützung und einem Kontrast zum Kletterleben gehabt. Da es mich aber irgendwann doch wieder ins Klettergebiet zog, bin ich erst mal, zumindest zum zuschauen und anfeuern, in die Blue Mountains gefahren, um einige der Freunde, die ich in den Grampians kennengelernt hatte zu besuchen und mich leider auch von ihnen zu verabschieden. Aber keine Angst ich komme wieder…


Frustfoto aus den Blue Mountains… immerhin schöne Landschaft dort… 😉

Nach viel zu kurzen zweieinhalb Monaten Australien gings dann auch schon wieder weiter nach Südafrika. Wie es der Zufall oft so will, waren in der „Grampians crew“ einige, die ich in den Rocklands wieder treffen würde, darunter auch ein Österreicher der schon seit Jahren in Cape Town wohnt und der gleich meinte: „wir holen dich am Flughafen ab und nehmen dich dann gleich mit in die Rocklands“, perfekt… Also gings auch dort auf schnellstem Weg ins Klettergebiet, allerdings leider auch hier erst mal nur zum Zuschaun… denn auch in Südafrika standen für mich erst mal noch  Arzt- und Physiobesuche auf dem Terminkalender. Und wieder hat es der Zufall gut mit mir gemeint, denn der Physio war sowohl deutscher Muttersprachler als auch guter Kletterer, der mir also genau sagen konnte, worauf es ankommt und wo ich aufpassen soll. Die ersten paar Wochen in Südafrika vertrieb ich mir dann die Zeit damit, Freunde bei Johannesburg zu besuchen, auf nem Roadtrip ein paar schöne Orte abzuklappern und  Cape Town zu Fuß zu erkunden; der Table Mountain, Lions Head, die Longstreet und diverse sonstige Sehenswürdigkeiten lagen alle ziemlich nah bei meinem „österreichischen-afrikanischen Zuhause“ in Cape Town.


Cape Town

Als ich nach ganzen drei Monaten Kletterpause endlich das OK zum „wieder ganz leicht mit dem Klettern Anfangen“  bekommen habe, kann sich ja jeder vorstellen, dass es keine 24 Stunden gedauert hat, bis ich wieder zurück in den Rocklands war… und diesmal nach ewig langer Zeit zum selber Bouldern…!! ☺ Dort  waren mittlerweile auch schon Kaddi, Tom, Vera, Axel und Katinka angekommen und fleißig am Bouldern. Als mein erstes Projekt hab ich mir die wunderschöne Linie „Girl on our mind“ ausgesucht, die ich am zweiten Tag auch gleich bezwingen konnte! Man glaubt gar nicht, wie sehr man sich auf einmal wieder über eine mit Ach und Krach geschaffte 6b freuen kann. Ich jedenfalls war endlich wieder zurück am Fels und somit der glücklichste Mensch auf Erden…


Invaliden-bouldern in den Rocklands…

Ja, die ersten Tage am Fels waren einerseits natürlich superschön, andererseits aber irgendwo auch deprimierend, weil die Schraube im Handgelenk noch etwas wehtat und die Kraft natürlich auf Null zurück gesetzt worden war, wodurch sich mein Handgelenkt völlig unstabil angefühlt hat. Glücklicherweise hat sich zumindest das Kraftproblem relativ schnell wieder geregelt, bzw. wurde durch 1a Technik kompensiert, sodass ich zwar nur bestimmte, aber immerhin wieder Boulder probieren konnte. Da die Boulderauswahl in den Rocklands ja bekanntermaßen gegen unendlich geht, hab ich hier und da auch ein paar Projekte gefunden und nach zwei bis drei Wochen auch schon wieder `Sunset Traverse` und eine weitere 7a Traverse machen können. Mit den paar geknackten Problemen und dem Wissen, dass dort einfach noch unglaublich viele, unglaublich geile Linien rumstehen und ich definitiv irgendwann wieder dorthin muss, gings dann nochmal auf einen Roadtrip die Ostküste rauf bis Johannesburg und dort ins nächste Klettergebiet. Obwohl ich zu dem Zeitpunkt echt Lust auf Bouldern hatte, bin ich wahnsinnig froh, dass ich noch mit nach Waterval Boven, eben dieses Klettergebiet bei Johannesburg gefahren bin, denn das Gebiet ist der Wahnsinn. Roter Sandstein mit perfekten Leisten und Vorsprüngen, mit längeren und kürzeren, Trad- und Sportkletterrouten.


God No Wall, Waterfal Boven

Hier gings zum Glück auch mit der Hand viel besser, leider hatte ich nur noch ein paar Tage, aber ich denke, diese wurden perfekt ausgenutzt. Jeden Morgen ging es zu Fuß direkt vom Campingplatz zur Wand und erst wieder zurück, wenns zum Seilklettern dann wirklich zu dunkel war. Hier konnte ich dann in den wenigen Tagen sogar ein paar Routen bis 8- klettern, was mich nach drei Monaten Pause und ganz ohne Ausdauert echt gefreut hat. Hauptsächlich versuchte ich aber soviel wie möglich zu klettern und die letzten Tage meiner Reise noch voll auszukosten, bevor ich dann schon wieder im Flieger nach Hause still sitzen musste.
Im Nachhinein kann ich nur sagen, auch wenn ich vorher ein bisschen Schiss hatte, so ganz alleine loszuziehen, keine Ahnung zu haben was einen anderswo erwartet und wo es einen im Endeffekt überhaupt genau hinverschlägt, bin ich froh, dass ich los bin, denn es war sicher mit die beste Zeit, die ich bisher hatte. Eine Zeit mit vielen Aufgaben die zu bewältigen waren, wahnsinnig vielen Erlebnissen, Erfahrungen und vor allem vielen neuen, guten Freunden! Egal ob in Melbourne, Sydney, Nowra, Blue Mountains oder Cape Town, von überall hatte man Leute kennen gelernt und war gerne willkommen. Nie hätte ich mir gedacht, dass man beim alleine Reisen, so wenig alleine unterwegs ist und vor allem nicht, dass alles doch so einfach und unkompliziert ist…

In einem bin ich mir ganz sicher, der nächste längere Trip ist nur noch eine Frage der Zeit…

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