Vom Tänzeln und Schrubben

Offizielles Felskletter Team des Deutschen Alpenvereins (DAV)

Vom Tänzeln und Schrubben

Der Felskader über die Osterfeiertage in Cadarese

INFOS

Cadarese liegt im norditalienischen Formazza-Tal in der Region Piemont. Die Granitwände mit ihren zahlreichen Rissen bieten alle Möglichkeiten zum Tradklettern. Zusätzlich erleichtern eingebohrte Routen Anfängern den Einstieg ins Rissklettern.

Anfahrt: Cadarese erreicht man von Süden her über Domodossola. Der Parkplatz befindet sich gleich am Dorfeingang rechts der Straße gegenüber vom Thermalbad. Zustieg: Die Brücke überqueren und dem Feldweg für ca. 60 m folgen. Am Anfang der Wiese führt ein Trampelpfad in den Wald und von dort zum Fels.

Übernachtung: Direkt in Cadarese gibt es den kleinen Campingplatz Aleste (http://www.alestecamping.it). Alternativ gibt es einen kleinen Picknickplatz mit Toilettenhäuschen 300 m vor der Ortschaft. Hier ist das Wildcampen bisher geduldet.

Topo: gibt es zum downloaden unter: http://slack-line.ch/topo-cadarese/


Blockabfertigung. Erst nach drei Stunden im 10-Kilometerstau und 17 km Tunnel erreichen wir die andere Seite des Gotthards. Von dort dauert es fast nochmal drei Stunden bis wir das Tessin durchquert haben, am Lago Maggiore vorbei die italienische Grenze passieren und das Formazza Tal aufwärts Cadarese erreichen. Cadarese ist besonders bei Rissfans, oder solchen die es werden wollen, ein beliebtes Reiseziel und bietet den perfekten Einstieg ins Tradklettern.

Lulu erfreut sich an tollstem Granit und an den hochgewachsene Buchen, die die Kulisse Cadareses schmücken.

Trotz unserer kleinen Odyssee ist die Laune gut und die Rucksäcke sind schnell gepackt. Die Sportkletterer unter uns werfen ihre „Performance“-Schuhe in den Kofferraum und tauschen sie gegen Papas alten Latschen in zwei Nummern Übergröße ein, die klemmen besser im Riss und tun weniger weh. Der Zustieg ist kurz und der Fels schnell erreicht. Diesen ersten Nachmittag fangen wir im rechten und kürzeren Sektor klein an: einige von uns sammeln ihre ersten Traderfahrung, wir schrubben alle nacheinander einen kurzen Kamin hoch und Nici und ich versuchen in der Dämmerung noch über eine Bilderbuchplatte zu tänzeln. Trotz größter Bemühungen müssen wir uns aber eingestehen, dass es noch an der erwünschten Leichtfüßigkeit fehlt. Der Tag neigt sich dem Abend zu und Paul kocht „Spaghetti Carbonara“; ohne Speck, Parmesan und Spaghetti, dafür mit hervorragenden Makkaroni und Reibekäse.

Am nächsten Morgen beim Frühstück stoßen Hannes Kutza (an dieser Stelle noch einmal vielen Dank für die tollen Fotos) und unser inoffizielles, aber treues Senior-Mitglied Tom Thudium zu uns. Ole, unser Astrophysiker, erläutert die Aufnahme des schwarzen Lochs, die Brüder Nici und Paul diskutieren die neusten Automobiltrends, Max und ich machen ein Ranking für Veggieaufstriche und Patrick hört sich alles stillschweigend, den Mund voller Schokomüsli, an. Alles wie immer. Als wir später den obersten Sektor erreichen ist es dann doch anders als sonst. Die Granitwand so ganz ohne Haken, glatt und hoch, sieht nicht besonders einladend aus, insbesondere wenn man die schwäbischen oder fränkischen Kalkklapfen mit viel Struktur gewohnt ist, die malerisch in ein kleines Tal hineinragen. Der Fels hier ist von Finger-, Hand- und Offwidthrissen durchzogen und bietet Routen in jeglicher Schwierigkeit mit den unterschiedlichsten Herausforderungen. Doch so abweisend die Wand zunächst ausschaut, genauso spaßig ist die Kletterei.

Daoud klemmt in der Offwidth-Flake Foglie Cadenti (6a+).

Cadarese ist eine große Spielwiese, die jedem von uns Möglichkeiten bietet sich auszuprobieren: Ole, mit der meisten Traderfahrung unter uns, liefert sich einen erfolgreichen Kampf in Sdulferando (7a+) und versucht sich später noch in dem Klassiker the Doors (8a). Nici steigt mit ein wenig Schiss, aber vor allem mit viel Enthusiasmus in die anspruchsvolle Verschneidung c’era una volta (7b+) ein. Janina spult emsig eine Route nach der anderen. Daoud, Paul und Max beschießen die lange und steile Beslan memorial (7c+). Patrick mischt überall mit.

Und ich frag Ole nach seiner Meinung zu einer Clean-Begehung von Imbuto Crack (7a). Ole: „Ich glaube du kannst das schon klettern, aber du wirst Angst haben.“ Also steig ich ein und die Angst lässt nicht lange auf sich warten. Klettern und selbst Absichern sind zwei Paar Schuhe, das lernt man hier schnell. Aber auch mal eine willkommene Abwechslung, dass die Herausforderung nicht darin liegt seinen Finger in ein scharfes Loch zu popeln und dann durchzukurbeln bis es in den Ellenbogen schießt. Da sind wir uns schnell einig und unser Trip nach Cadarese wird von uns allen mit Begeisterung kommentiert. Ist ja auch schön hier in den italienischen Alpen…

Zum Abschluss tüfteln wir alle in Crack a gogo (6c+). Der durchgängige Handriss ist anhaltend und alle Varianten an Klemmskills unbedingt erforderlich. Außerdem liefert der Riss, den perfekten Grund Tapehandschuhe zu basteln und sich dabei zu verkünsteln. Damit ist dann das Rissprogramm in kleinem Maßstab endgültig komplettiert, wir alle abgekämpft und zumindest ich starte in meine Uniwoche mit einem Haufen Schürfwunden unter dem Sommerkleid.

Text: Lulu Raab – Fotos: Hannes Kutza